Paradigmenwechsel und geänderte Vorgangsweisen

Seit Jahren gibt es Forderungen nach der Wiedergutmachung von kolonialem Unrecht und der Rückführung von Objekten, sowie menschlichen Überresten an ehemals kolonisierte Gesellschaften. Dies hat zu einer Selbstreflexion der Europäer:innen mit der eigenen kolonialen Vergangenheit und der damit verbundenen Beherrschung und Herabwürdigung anderer Kulturen geführt. Folglich hat ein Paradigmenwechsel in Hinblick auf den Besitz von Objekten und die Dehumanisierung im Falle von menschlichen Überresten stattgefunden. Aufgrund dieser veränderten Denkweise wird heute versucht durch interkulturelle Dialoge und Zusammenarbeit mit den betroffenen Gesellschaften die koloniale Vergangenheit aufzuarbeiten. Fächer, wie die Kultur- und Sozialanthropologie, waren zum Teil in die kolonialen Ausbeutungs- und Machtkontexte verstrickt. Gezwungen durch die globalen Entkolonialisierungsprozesse, und durch Neuorientierungen in den Fächern selbst, beschäftigen auch sie sich heute mit den „Leichen in ihren Kellern“.
Im Rahmen dieser Veränderungen hat sich auch der Umgang mit den Sammlungen gewandelt. Sie werden nun in ihren Kontext gestellt. Ihre Herkunft, die Einbettung in die Ausrichtung des Fachs und die Art, wie die Objekte gesammelt wurden, werden kritisch hinterfragt. Ziel ist es, mit diesen historischen Überresten moralisch verantwortlich, respektvoll und ethisch vertretbar umzugehen. Ganz besonders gilt das für menschliche Überreste. Diese sensiblen Objekte sollen nach Möglichkeit wieder zu Subjekten werden, die uns viel über die unterschiedlichen Kulturen beibringen.
Interview mit Igor Eberhard, Sammlungsleiter IKSA.
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