Die Angehörigen der Iatmul-Gruppen leben entlang des Mittleren Sepik, der mit 1.100 Kilometern der längste Fluss Papua-Neuguineas ist. Die Bezeichnung „Iatmul“ geht auf den englischen Anthropologen Gregory Bateson zurück und ist keine Selbstbezeichnung. Erste Kontakte zwischen den Iatmul und Europäer:innen gab es bereits Mitte der 1880er Jahre.
"In 1886 and 1887, Europeans made at least four journeys far up the river and back, while three of them, along with 20 other foreigners, spent over three months in the interior. When all was done, in fact some 40 Sepik villages and many more than 300 villagers had encountered and engaged Europeans for the first time." (Falck 2018: 117)
Erst ein Vierteljahrhundert später wurde durch die Hamburger „Südsee“-Expedition (1908-1910) und die „Kaiserin-Augusta-Fluss“-Expedition (1912-1913) das Sepik-Gebiet bis ins Landesinnere erkundet. Der nordöstliche Teil von Papua-Neuguinea wurde damals als Kaiser-Wilhelms-Land bezeichnet und war bis 1919 Teil des deutschen Kolonialreiches. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet australisches Mandatsgebiet und es kam zur verstärkten Ansiedelung von Missionaren und Händlern. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Sepik-Region von Japanern besetzt, welche mit Kriegsende kapitulierten. Seit 1975 ist Papua-Neuguinea unabhängig von Australien. Durch den Einfluss der Kolonialmächte und Missionsarbeit kam es zu tiefgreifenden Umbrüchen der kulturellen Praktiken von Iatmul-Gruppen, die sich auch auf die Herstellung von modellierten Schädeln auswirkte. Die zuvor durchgeführte Kopfjagd auf benachbarte Dörfer wurde Mitte der 1930er Jahre verboten. Die Kopfjagd war eine Demonstration des Stolzes und der eigenen Überlegenheit im Gebiet, sowie eng mit der Initiation von Jungen verknüpft. Christliche Anschauungen und Konzepte wurden in die Kosmologie der Iatmul integriert. Davor waren in den mythologischen Vorstellungen der Iatmul Vergangenheit und Gegenwart, sowie Ahnen:innen und Lebende untrennbar miteinander verbunden. Diese Vorstellungen spiegelten sich ebenso in ihrer materiellen Kultur, zum Beispiel in Form eines übermodellierten Schädels, wider.
Ein weiterer kolonialer Einfluss kam von europäischen Händlern. Durch sie verloren die Iatmul ihren ökonomisch hohen Stellenwert im regionalen Tauschsystem. Ihre zentrale Rolle im Gebiet nahmen sie durch den Handel mit Moskitosäcken zum Schutz vor Stechmücken, Steinwerkzeugen, wertvollen Federn und Muscheln ein.