Der Umgang mit ägyptischen Mumien

Kanope für Tjes-bastet-peret mit Deckel in Form eines Falkenkopfes. 22. Dynastie, Zeit Osorkons II., 873-844 v. Chr. Provenienz: 1854 Geschenk von F. Champion.  © KHM-Museumsverband
Kanope für Tjes-bastet-peret mit Deckel in Form eines Falkenkopfes. 22. Dynastie, Zeit Osorkons II., 873-844 v. Chr. Provenienz: 1854 Geschenk von F. Champion. © KHM-Museumsverband
Kanope für Tjes-bastet-peret mit Deckel in Form eines Menschenkopfes. 22. Dynastie, Zeit Osorkons II., 873-844 v. Chr. Provenienz: 1854 Geschenk von F. Champion.  © KHM-Museumsverband
Kanope für Tjes-bastet-peret mit Deckel in Form eines Menschenkopfes. 22. Dynastie, Zeit Osorkons II., 873-844 v. Chr. Provenienz: 1854 Geschenk von F. Champion. © KHM-Museumsverband
Sarkophag des Priesters Nes-schu-tefnut. Um 300 v. Chr. Provenienz: 1853 in Wien eingetroffen (Geschenk von A. Laurin 1848/49).  © KHM-Museumsverband
Sarkophag des Priesters Nes-schu-tefnut. Um 300 v. Chr. Provenienz: 1853 in Wien eingetroffen (Geschenk von A. Laurin 1848/49). © KHM-Museumsverband
Kanope für Tjes-bastet-peret mit Deckel in Form eines Affenkopfes. 22. Dynastie, Zeit Osorkons II., 873-844 v. Chr. Provenienz: 1854 Geschenk von F. Champion.  © KHM-Museumsverband
Kanope für Tjes-bastet-peret mit Deckel in Form eines Affenkopfes. 22. Dynastie, Zeit Osorkons II., 873-844 v. Chr. Provenienz: 1854 Geschenk von F. Champion. © KHM-Museumsverband
Kanope für Tjes-bastet-peret mit Deckel in Form eines Schakalkopfes. 22. Dynastie, Zeit Osorkons II., 873-844 v. Chr. Provenienz: 1854 Geschenk von F. Champion.  © KHM-Museumsverband
Kanope für Tjes-bastet-peret mit Deckel in Form eines Schakalkopfes. 22. Dynastie, Zeit Osorkons II., 873-844 v. Chr. Provenienz: 1854 Geschenk von F. Champion. © KHM-Museumsverband
Im Vergleich zu anderen menschlichen Überresten entstand die Ethikdebatte rund um ägyptische Mumien als Museumsobjekte erst später. In Kairo werden erst seit 1959 wieder königliche Mumien im Ägyptischen Museum gezeigt. Für lange Zeit wurden Mumien in Museen ohne Bedenken ausgestellt. Im Augenblick scheint sich dies langsam zu ändern. Vielerorts werden Mumien jedoch weiterhin gezeigt. Laut einigen Besucher:innenstudien in britischen und US-amerikanischen Museen spricht sich der Großteil dafür aus, ägyptische Mumien zu zeigen.
Nicht alle Wissenschaftler:innen und Museen stellen die Würde der Verstorbenen in den Vordergrund. Im Fall von archäologischen menschlichen Überresten wird die Menschenwürde meistens als nicht mehr existent beurteilt, weil sie in unserer Vorstellung mit dem Verstreichen der Zeit abnimmt. Die Würdigung der Wünsche der Verstorbenen muss nicht für eine unbegrenzte Zeit erfolgen und der Glaube der ägyptischen Verstorbenen hat heute keine Relevanz mehr. Es wird argumentiert, dass die Bedürfnisse der Lebenden höher gewichtet werden sollten. Hier wird die Relevanz von Mumien für die historische Forschung und die Vermittlung von Erkenntnissen angeführt. Zudem wird argumentiert, dass auch das Nicht-Zeigen der Mumien eine Respektlosigkeit bedeuten könnte und dadurch die Ethikdebatte vermieden würde. Die Wiederbestattung der Mumien wird als sinnlos erachtet, da ihre Totenruhe bereits gestört wurde und nicht auszuschließen ist, dass es in Ägypten zu erneutem Grabraub kommt könnte.
Einige Museen heben hervor, auch im Fall von ägyptischen Mumien, auf eine respektvolle und sensible Umgangs- und Ausstellungsweise zu achten. Regina Hölzl, die Direktorin der Ägyptisch-Orientalischen Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien (KHM), betont in diesem Zusammenhang, dass es ihr wichtig ist, keine ausgewickelten Mumien zu zeigen. Mag das Ausstellen von Mumien und deren Aufbewahrung in Depots auch noch so respektvoll geschehen: Die Betroffenen haben sich für ihr Leben nach dem Tod bestimmt etwas anderes gewünscht. Manche Ägyptolog:innen halten deshalb, unter Berücksichtigung altägyptischer Vorstellungen zum Tod, das Ausstellen von Mumien für nicht vertretbar. Im alten Ägypten wurden beispielsweise in Abbildungen meist Särge anstatt Mumien gezeigt. Lediglich die Leichen von Sünder:innen und Feind:innen wurden bildlich dargestellt. In diesem Sinne argumentieren manche, dass die Haltung des alten Ägyptens gegenüber toten Körpern respektiert und keine Mumien gezeigt werden sollten. Auch der ehemalige Generaldirektor des KHM, Wilfried Seipel, sprach sich dafür aus, keinerlei menschliche Überreste, einschließlich Mumien, zu zeigen. Er sah es als Aufgabe der Wissenschaft, nicht nur Erkenntnisse an die Öffentlichkeit zu vermitteln, sondern auch die zeitlose Würde des Menschen zu bewahren.
Als ein Symbol des Respekts verhüllte das Manchester Museum 2008 zwei Mumien komplett mit Tüchern. Kritik von Besucher:innen sowie auch von einigen Wissenschaftler:innen waren die Folge. Einige Monate später wurde daraufhin eine der Mumien wieder komplett enthüllt. Bei der anderen Mumie wurden das Gesicht und Füße enthüllt, während der Körper bedeckt blieb. Dies gleicht der gegenwärtig gängigen Praxis für das Ausstellen von Mumien in Museen in Ägypten. Eine weitere Herangehensweise von Museen ist es, die Deckel von Särgen mit eingewickelten Mumien nur einen Spalt breit zu öffnen. Kulturanthropologin und Ägyptologin Jasmine Day rät zur Gestaltung des Ausstellungsraums ähnlich einer Grabstätte. So wird es auch im Luxor-Museum gehandhabt, in dem die Mumie des Ramses I. ausgestellt ist. Ein separater Raum soll ägyptische Grabbauten und die dort herrschende andächtige Atmosphäre der Dunkelheit und Stille nachahmen. Ergänzt ist der Raum mit Schildern, die zum Nachdenken oder Beten anregen sollen. Ein anderer Vorschlag ist, sich beim Ausstellen auf das Kommunizieren der persönlichen Identitäten und Geschichten der Verstorbenen zu konzentrieren. Dies dient einerseits der Beachtung altägyptischer Glaubensvorstellungen und andererseits der Humanisierung der Toten. Vorurteilen und Ekelgefühlen gegenüber Mumien unter Besucher:innen soll ebenso aktiv entgegengewirkt werden, wie deren Wahrnehmung als „Objekte“. Es soll eine respektvolle Interaktion mit Mumien angeregt werden, die die Menschlichkeit der verstorbenen Personen in den Vordergrund rückt.
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