Wer sind die Khoisan?

Die Bezeichnung Khoisan ist eine zusammenfassende Bezeichnung der ethnischen Gruppen Khoi (auch Khoikhou oder Khoekhoen) und San auch „Buschmann- Kultur“ (veraltete Formulierung) in Südafrika. Die beiden Gruppen waren vor allem durch ihre Formen des Lebensunterhaltes unterscheidbar. Die Khoi betrieben nomadische Viehwirtschaft mit Rinderherden, und die San waren eine Jäger- und Sammlergesellschaft. Die zusammenfassende Bezeichnung Khoisan geht auf den deutschen Zoologen und Anthropologen Leonhard Schulze zurück.
Die soziale Organisation der Khoi sowie der San basierte grundlegend auf Verwandtschaftsbeziehungen. Bei den Khoi wurden durch Verwandtschaftsbeziehungen hierarchische Strukturen und Besitz definiert. Bei den San wurden durch Verwandtschaftsbeziehungen egalitäre (nicht auf Hierarchien basierende) Beziehungen des Gebens und Nehmens bestimmt. Internationale Aufmerksamkeit erlangten die San durch den südafrikanischen Film „Die Götter müssen verrückt sein“ (1980). In diesem Film wird anhand des Fundes einer gläsernen Limonadenflasche vom San-Anführer Xi in der Kalahariwüste eine Geschichte über die Unterschiede zwischen den San und der „westlichen Kultur“ erzählt. Ein zentrales Element des Filmes ist die markante Sprache der San. Diese sogenannten Klicksprachen, bei denen das Schnalzen mit der Zunge eingesetzt wird, unterscheiden sich grundlegend von den uns vertrauten indogermanischen Sprachen. Die Sprache wurde vom US-amerikanischen Linguisten  Joseph Greenberg zudem als ein Argument für die Zusammenfassung der San mit den Khoi in die einheitliche Sprachfamilie der Khoisan angeführt.
Sanwerft, Aeacia giraffae, bei der Polizeistation von I Oas, Distr. Gobabis, Deutsch-Südwestafrika. (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.587
Sanwerft, Aeacia giraffae, bei der Polizeistation von I Oas, Distr. Gobabis, Deutsch-Südwestafrika. (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.587
Windschirm des Chefs der Sanwerft bei Sidonitsaup, Omaheke, Deutsch-Südwestafrika. (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.598
Windschirm des Chefs der Sanwerft bei Sidonitsaup, Omaheke, Deutsch-Südwestafrika. (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.598
San-Frau der Au-nin, Sidonitsaup, Distr. Gobabis, Deutsch-Südwestafrika (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.593
San-Frau der Au-nin, Sidonitsaup, Distr. Gobabis, Deutsch-Südwestafrika (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.593
Frauen mit Grabstöcken aus einer San-Niederlassung (6. Werft) bei Sidonitsaup, Omaheke, Deutsch-Südwestafrika (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.601
Frauen mit Grabstöcken aus einer San-Niederlassung (6. Werft) bei Sidonitsaup, Omaheke, Deutsch-Südwestafrika (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.601
Alte San-Frau vor dem Windschirm, stampft "Rasenkis" (Beerenfrucht), Sidonitsaup, Distr. Gobabis, Deutsch-Südwestafrika (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.596
Alte San-Frau vor dem Windschirm, stampft "Rasenkis" (Beerenfrucht), Sidonitsaup, Distr. Gobabis, Deutsch-Südwestafrika (Sammlung Rudolf Pöch). Weltmuseum Wien, Foto 10.596
Die Khoi und die San betrachten sich als zwei unterschiedliche Gruppen. Dennoch lassen sich viele Gemeinsamkeiten bezüglich der Sprache, der territorialen Organisation, den Geschlechterbeziehungen, der verwandtschaftlichen Organisation, den Ritualen sowie der Kosmologie feststellen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts vermuteten Rudolf Pöch und die Vertreter:innen der Wiener Schule der Anthropologie, dass die Kleinwüchsigkeit der Khoi sowie der San ein Indiz für das hohe Alter dieser Gruppen darstelle. Dieser Ansatz gilt heute jedoch als widerlegt, da mittlerweile vor allem das Klima, sowie die Bodenbeschaffenheit als ausschlaggebend für die physische Beschaffenheit des menschlichen Körpers angesehen werden. Kleine Körper werden in der physischen Anthropologie heute als eine Folge der Nahrungsmittelaufnahme, und im Speziellen auf deren Eiweißgehalt betrachtet.
Das Leben der San hat sich durch die kolonialen Einflüsse grundlegend verändert. Die traditionelle Lebensweise ist heute kaum mehr anzutreffen. Sie wurden systematisch von ihren ursprünglichen Lebensräumen verdrängt, auf denen sich heute große Farmen, Diamantminen oder auch Tourismusresorts befinden. Die Arbeit auf diesen Farmen stellt oft die einzige Möglichkeit des Lebenserwerbes dar. Perspektivlosigkeit prägt viele Lebensrealitäten. Roy Sesana, der in der Sprache der San eigentlich Tobee Tcori heißt, setzt sich für die Beibehaltung der traditionellen Lebensweise der San ein. Er wurde dafür 2005 mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet. Einer der letzten Rückzugsorte der San befindet sich im Central Kalahari Game Wildreservat in Botswana.
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