Das Sammeln und Ausstellen menschlicher Überreste wirft heute ethische Fragen auf. Menschliche Überreste gelten deshalb als „sensible Objekte“. Daneben zählen auch Gegenstände mit religiöser Bedeutung und Objekte, deren Erwerb, Herkunft und Herstellung fragwürdig oder unbekannt sind, als sensibel. Zentral für den Umgang mit „sensiblen Objekten“ ist die transdisziplinäre Erforschung ihrer Herkunft (Provenienzforschung). Die Bedeutung der menschlichen Überreste kann je nach Kontext oder Zeitgeist unterschiedlich verstanden werden. Deshalb formuliert der Internationale Museumsrat (ICOM) Leitlinien, in denen er auf die Sorgfaltspflicht angesichts der Herkunft der Objekte verweist. Die wissenschaftliche Untersuchung und Ausstellung „sensibler Objekte” müssen laut ICOM „unter Einhaltung professioneller Standards erfolgen und den Interessen und Glaubensgrundsätzen der gesellschaftlichen, ethnischen oder religiösen Gruppen, denen die Objekte entstammen, Rechnung tragen, soweit diese bekannt sind”. Wenn die Herkunft eines Objektes unbekannt ist, sollte dieses laut ICOM nicht ausgestellt werden. Rückgabeforderungen von Herkunftsgesellschaften sollte mit Respekt und Sensibilität nachgegangen werden. Uns ist wichtig zu betonen, dass es sich bei menschlichen Überresten um Menschen handelt. Verstorbene wurden und werden auf Basis bestimmter und diverser Vorstellungen behandelt und beigesetzt. Die Ansichten und Praktiken der Herkunftsgesellschaften sollten ausschlaggebend dafür sein, wie mit menschlichen Überresten umgegangen wird.
„Die Ausstellung von menschlichen Überresten und Gegenständen von religiöser Bedeutung muss unter Einhaltung professioneller Standards erfolgen und, soweit bekannt, den Interessen und Glaubensgrundsätzen der gesellschaftlichen, ethnischen oder religiösen Gruppen, denen die Objekte entstammen, Rechnung tragen. Die Objekte sind mit Taktgefühl und Achtung vor den Gefühlen der Menschwürde, die alle Völker haben, zu präsentieren“ (ICOM 2004: 19).
Was menschliche Überreste sind, definiert der Deutsche Museumsbund in seinen “Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen”. Dazu gehören alle körperlichen Überreste, die der biologischen Art des Homo sapiens zuzurechnen sind. Im Sammelband „Menschliche Überreste im Depot“ wird der Umfang menschlicher Überreste deutlich: natürlich erhaltene Knochen und Zähne; natürlich konservierte Körper und Körperteile mit organischem Gewebe (z.B. Trockenmumien, Eismumien, Moormumien, Fettwachsmumien); künstlich präparierte Knochen und künstlich konservierte Körper und Körperteile mit organischem Gewebe (z.B. ägyptische Mumien, ethnographische Exponate aus oder mit menschlichen Überresten, einbalsamierte Leichen, Plastinate, Trocken- und Feuchtpräparate, Injektionspräparate, histologische Präparate, Aufhellungspräparate). Auch DNA-Proben werden teilweise als menschliche Überreste aufgefasst. Die Definition von menschlichen Überresten ist jedoch nicht eindeutig festgelegt und Gegenstand von Diskussionen
Aus Respekt vor den menschlichen Überresten und aufgrund der ethischen Problematiken zeigen wir in unserer Ausstellung keine Abbildungen von menschlichen Überresten. Das Anliegen von (möglichen) Nachfahr:innen bewerten wir in diesem Zusammenhang als moralischen Orientierungsrahmen.